Die Nizza-Klassifikation: Geltungsbereich, Aufbau und Anwendungspraxis

 

Um am Markt erfolgreich agieren und sich im Wettbewerbsumfeld behaupten zu können, ist ein passgenauer, umfassender, aber auch zukunftsgerichteter Schutz der Unternehmensmarken, dem geistigen Eigentum, unerlässlich. Dabei spielt bei der Markenanmeldung die Nizza-Klassifikation eine zentrale Rolle.

 

Die Nizza-Klassifikation

Die sog. Nizza-Klassifikation wurde 1957 im „Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken“ festgelegt. Sie ist in 45 Klassen untergliedert – 34 Waren- und 11 Dienstleistungsklassen. Die Nizza-Klassifikation wird von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) verwaltet und in mehr als 140 Ländern angewandt und verbindlich genutzt.

Um stets aktuell zu bleiben, wird die Nizza-Klassifikation permanent überarbeitet. In der Regel wird alle fünf Jahre eine revidierte Ausgabe aufgelegt sowie – seit 2013 – jährlich aktualisierte Versionen veröffentlicht, um mit der gesellschaftlichen und technischen Weiterentwicklung Schritt halten zu können.

Eine neue Version der Klassifikation kann neue Einträge oder Streichungen und Umformulierungen bestehender Einträge vorsehen. Größere Anpassungen wie Klassenänderungen, Schaffung neuer Klassen oder Streichung bestehender Klassen bleiben den alle fünf Jahre erscheinenden Ausgaben vorbehalten.

 

Neuste Ausgabe der Nizza-Klassifikation (NCL  12-2023) vom 1.1.2023

Zum 1. Januar 2023 ist die 12. Ausgabe der Nizza-Klassifikation (NCL 12-2023) in Kraft getreten, die die 2022er Version der 11. Ausgabe abgelöst hat.

Neuerungen betreffen z.B.

„durch Non-Fungible-Tokens (NFTs) authentifizierte, herunterladbare digitale Dateien“ (Klasse 9).

Aber auch

„tragbare handbetätigte Handwebstühle“ (Klasse 8),

„humanoide Roboter mit Kommunikations- und Lernfunktionen zur Unterstützung und Unterhaltung von Personen“ (Klasse 9),

„Sonnenbrillen für Heimtiere“ (Klasse 9),

„intelligente Glühbirnen“ (Klasse 11),

„Folien auf Seetangbasis für Verpackungszwecke“ (Klasse 16),

und einige weitere halten Einzug in die aktuelle Nizza-Klassifikation.

Dies mag auf den ersten Blick wenig spektakulär erscheinen. Allerdings zeigt es die Feinheiten und den Detaillierungsgrad der Klassifikation. Hier werden Innovationen, Trends und gesellschaftliche Entwicklungen abgebildet, aber auch einfache Diversifikationen und Weiterentwicklungen von Waren und Dienstleistungen oder deren Einsatzgebieten.

 

Aufbau der Nizza-Klassifikation

Die 45 Waren- und Dienstleistungsklassen sind mit Klassentiteln bezeichnet, denen die Waren oder Dienstleistungen im Allgemeinen zugeordnet werden können. Um einzelne Waren oder Dienstleistungen richtig einordnen zu können, sollten die erläuternden Anmerkungen, die sich auf die jeweiligen Klassen beziehen, sowie die Liste der Waren und Dienstleistungen beachtet werden, notfalls auch die allgemeinen Anmerkungen, welche die anzuwendenden Kriterien festlegt, sollten die vorgenannten Hilfsmittel keine eindeutige Klassifizierung ermöglichen.

Jede Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung ist mit einer sechsstelligen Identifikationsnummer, der sog. Basisnummer, gekennzeichnet. Die ersten beiden Stellen entsprechen der Nummer der Klasse, in die die Ware (01-34) oder Dienstleistung (35-45) klassifiziert wird.

Am Beispiel der Klasse 1:

 

Die Basisnummer ist ein hilfreiches Instrument, um die entsprechende Ware oder Dienstleistung in den Listen anderer Sprachfassungen wieder zu finden. Insgesamt sind in der Liste etwa 10.000 Begriffe enthalten. Sie erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich Indikatoren liefern, welcher Klasse, welche Waren oder Dienstleistungen zugeordnet werden können.

 

Die einheitliche Klassifikationsdatenbank/ Harmonised Database

Da die Nizza-Klassifikation in unterschiedlichen Sprachräumen Anwendung findet, haben sich im Laufe der Jahre in der Klassifikationspraxis nicht nur Ungenauigkeiten und Abweichungen aufgrund von Übersetzungen, sondern auch unterschiedlicher Interpretationen der Waren- und Dienstleistungsbegriffe der nationalen Markenämter etabliert. Um das auszugleichen und zu harmonisieren, wurde die einheitliche Klassifikationsdatenbank (eKDB) oder Harmonised Database (HDB) durch das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) zusammen mit den nationalen Markenämtern Europas implementiert. Diese enthält nun mit 73.000 Schlagworten eine deutlich größere Anzahl von harmonisierten und in der EU akzeptierten Waren- und Dienstleistungsbegriffen.

Die Klassifikationsdatenbank erleichtert Markenanmeldern die Erstellung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, welches zentraler Bestandteil der Markenanmeldung ist, und ist hier zu finden: Klassifizierungsassistent – TMclass (tmdn.org)

Nichtsdestotrotz ist die Auflistung der Waren und Dienstleistungen bzw. der weiteren Begriffe niemals abschließend. Sie kann als Orientierung dienen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, auch völlig neuartige Kategorien vorzuschlagen, wenn die angestrebte Marke in keine Klasse der aktuellen Systematik passen mag. Je innovativer die Ware oder Dienstleistung, desto wahrscheinlicher ist es, sie keiner bestehenden Klasse zuordnen zu können.

 

 

Quellen:

https://www.dpma.de

https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/home

https://www.wipo.int/portal/en/index.html

 

 

 

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